Bereits im Jahre 1719 wird in den Akten des Stadtarchivs Duderstadt auf einen Lehrer in Westerode hingewiesen. Am 03.07. dieses Jahres gab der Kirchen- und Schuldiener Christoph Schwedhelm dem Rat der Stadt Duderstadt, dem von jeher allein die Anstellung der Lehrer in den Ratsdörfern zustand, bekannt, dass ihm 14 Bürger von Westerode das Opferkorn für das Jahr 1718 schuldig geblieben waren.
Vom Lehrer Johannes Heinrich Vollmer, der im Jahre 1759 nach 25jähriger Tätigkeit als Landwirt in Konkurs gegangen und vom bischöflichen Kommissarius zum Lehrer in Westerode berufen worden war, erfahren wir in einer Auflistung aus dem Jahr 1770, dass in diesem Jahre 22 Jungen und 8 Mädchen die Schule besuchten und insgesamt ein Schulgeld von 8 RT bezahlten. Mit einem Gehalt im Wert von 36 RT erhielt dieser Lehrer Vollmer, der mit 30 Schulkindern die drittmeisten Schüler innerhalb der Ratsdörfer der Stadt Duderstadt unterrichtete, das zweithöchste Gehalt aller Lehrkräfte innerhalb der Gerichtsdörfer der Stadt Duderstadt.
Auf Befehl der kurmainzerischen Regierung des Eichsfeldes vom 13.08.1797 wurde dem Lehrer Martin Hartmann aus Westerode eine Besoldungszulage von "einigen Stücken Holz" und "einigen Schock Wellen" aus den herrschaftlichen Waldungen zugesprochen.
Aus einer Aufstellung über die Berufstätigkeit und das Gehalt der Schullehrer in den Gerichtsorten der Stadt Duderstadt vom 13.04.1799 ist ersichtlich, dass der 55 Jahre alte Lehrer Friedrich Prosenne zu Westerode die Normalschule besucht hatte und die für seinen Dienst erforderlichen Eigenschaften besaß. Er behandelte die ihm anvertrauten Schulkinder gut, besaß das Vertrauen der Gemeinde und war weder dem Trunke noch der Zänkerei ergeben- alles Eigenschaften, die zur damaligen Zeit für einen Lehrer anscheinend nicht selbstverständlich waren. Der Schuldienst trug ihm jährlich 25 RT, 8 GG an Geld und 9 Malter Korn an Naturalien ein. Außerdem stand ihm der Nießbrauch von 2 Acker Landes zu.
Das Verzeichnis der "Landschulen im Kanton Duderstadt" aus dem Jahre 1812 berichtet uns, dass sich das Einkommen des Lehrers der" Knaben- und Mädchentrivialschule" zu Westerode, Heinrich Hesse, das sich aus Gehalt, Naturalien, Landnutznießung und freier Wohnung zusammensetzte, auf insgesamt 107 RT belief. Mit diesem Gesamteinkommen nahm Lehrer Hesse einen Spitzenplatz in der Lohnliste der Lehrer der Dörfer des Kantons Duderstadt ein. Obwohl die Besoldung zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes ausgereicht haben dürfte, war Heinrich Hesse noch als Landwirt und Viehbesitzer tätig.
In der achtklassigen Schule zu Westerode, die bis 1801 entgegen höchster Anordnung als einzige Lehreinrichtung im Bereich des Gerichts Duderstadt lediglich als Winterschule betrieben wurde, wurden im Jahre 1812 von Lehrer Hesse folgende Fächer gelehrt:
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Klasse 1: Buchstabenkenntnis
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Klasse 2: Buchstabieren
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Klasse 3: Lesen
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Klasse 4: Schreiben
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Klasse 5: Rechnen
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Klasse 6: Christliche Glaubenslehre
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Klasse 7: Etwas Geographie
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Klasse 8: Etwas von der Naturlehre und der Naturbeschreibung
In der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts waren die Lehrer J.Th. Saenger und Franz Dreykluft, der nach seinem 50jährigen Dienstjubiläum zum 01. Mai 1881 in den wohlverdienten Ruhestand trat, Inhaber der einzigen Lehrerstelle in Westerode.
Diese Lehrerstelle übernahm Johannes Wucherpfennig, der neben dieser Tätigkeit auch als Organist und Küster bis zu seinem Ruhrstand im Oktober 1920 für die Gemeinde arbeitete. Über seine 39jährige Amtszeit liegt eine erste, von ihm handschriftlich erstellte Schulchronik vor, aus der hervorgeht, dass aufgrund steigender Schülerzahlen in diesem Zeitraum ein neues Schulhaus (1886), ein zweites Schulgebäude (1914) und eine 2.Lehrerstelle entstanden sind. Da die Hauptlehrerstelle bis in die Zeit des Nationalsozialismus hinein mit Kirchendiensten verbunden war, setzte sich das Einkommen des Lehrers Wucherpfennig von insgesamt 1940 Mark im Jahre 1913 aus einem Grundgehalt von 1400 Mark und dem Mehrbetrag aus Kirchendiensten in Höhe von 540 Mark zusammen. Hinzu kommen noch Einkünfte aus der Nutznießung landwirtschaftlicher Flächen.
Am 1. Oktober 1920 übernahm Friedrich Wolpers die Hauptlehrerstelle in Westerode und führte dieses Amt fast 20 Jahre bis zu seinem plötzlichen Tod am 14. April 1940 aus. In dieser Zeit wies er eine große Zahl von Jung- und Hilfslehrern in ihre Tätigkeit ein. Weiterhin wurde im Jahre 1934 die Trennung von Kirchen- und Schulvermögen veranlasst, und den Vorsitz des Schulvorstandes, der bisher vom jeweiligen bischöflichen Kommissarius wahrgenommen wurde, übernahm in den späteren Jahren Friedrich Wolpers. Während des II.Weltkrieges leitete Theodor Schmidt die Volksschule Westerode. In den letzten Kriegsjahren und in der Nachkriegszeit, in der Josef Oppermann mehrere Jahre als Hauptlehrer tätig war, erreichte die Anzahl der Schüler in Westerode ihren Höhepunkt.
Mit Wirkung vom 1. Januar 1954 wurde dann Josef Jakobi zum Hauptlehrer ernannt. Noch in diesem Jahr baute die Gemeinde Westerode einen 3.Klassenraum. Hauptlehrer Jakobi nahm, neben der Leitung der Volksschule, auch die schon traditionellen Aufgaben als Organist im Kirchendienst und als Dirigent im Männergesangverein Westerode wahr.
Schon vor seiner Pensionierung im Jahre 1968 wurden zunächst die Schülerinnen und Schüler des 9.Schuljahres und später auch die des 7. und 8.Schuljahres aufgrund geringer Klassenstärken in die Hauptschule nach Duderstadt verlegt. Die 3.Lehrerstelle wurde nach der Versetzung Josef Oppermanns im Jahre 1967 daher nicht mehr besetzt.
Die letzte Schulleiterin, Frau Hedwig Borchardt, führte die Volksschule Westerode bis zu ihrer Auflösung im Jahre 1972. Die Schülerinnen und Schüler der ersten 4 Schuljahre besuchen seit Beginn des Schuljahres 1972/73 die Grundschule Mingerode, wohin Frau Borchardt nach 16jähriger Tätigkeit an der Volksschule Westerode mit dem Ziel der Versetzung abgeordnet wurde.
Die Schulgebäude
Aus der ersten handschriftlichen Schulchronik des Lehrers Johannes Wucherpfennig geht hervor, dass das alte Schulhaus an der Dorfstraße, südlich der jetzigen Kirche stand und sehr baufällig war. Dieses Gebäude wurde vor dem Neubau der Kirche zusammen mit fünf weiteren Häusern im Jahre 1897 abgebrochen.
Schon in den Jahren 1885 und 1886 wurde unter Kaplan von Hagen ein neues Schulhaus an der Niederdorfstraße im Pfarrgarten erbaut. Bei einer Besichtigung dieses Schulhauses am 02.07.1903 durch den Kreisarzt wurde festgestellt, dass sich das Gebäude in guter baulicher Verfassung befand. Der 15,5 m lange und 9 m tiefe massive Backsteinbau beherbergte neben dem Klassenzimmer auch die Lehrerdienstwohnung, die einen separaten Eingang besaß. Das 8,5 m lange, 5,9 m breite und 4 m hohe Schulzimmer war für höchstens 89 Kinder konzipiert, die auf 19 hölzernen Bänken saßen.
Am 1. November 1914 wurde aufgrund der steigenden Schülerzahlen ein zweites Schulhaus mit Wohnung für einen unverheirateten zweiten Lehrer vollendet. Eine Besetzung der 2.Lehrerstelle erfolgt aber erst 1918 mit der Berufung des Lehrers Hermann Wüstefeld. Dieses neu fertig gestellte Schulgebäude wurde am 21.07.1915 erstmals durch den Kreisarzt besichtigt und inspiziert. In dem massiven, nicht unterkellerten Schulhaus befand sich neben der Lehrerdienstwohnung, zu der ein separater Eingang führte, das 8,6 m lange, 5,88 m breite und 3,75 m hohe Schulzimmer, in dem 18 Bänke aufgestellt waren. Die anwesenden 43 Jungen und 54 Mädchen- 3 Kinder fehlten wegen Krankheit -erfreuten sich eines guten Gesundheits- und Ernährungszustandes. Keines der Kinder ging einer gewerblichen Tätigkeit nach. Anzeichen von Alkoholeinfluss war bei keinem der Schüler festzustellen. Drei Kinder waren geistig und körperlich zurückgeblieben, drei litten an Tuberkulose, drei waren von Läusen befallen und drei schwerhörig.
Durch die Aufnahme vieler Flüchtlingskinder und die hohen Geburtenzahlen sah sich die Gemeinde Westerode im Jahre 1954 gezwungen, das zweite Schulgebäude um einen weiteren Klassenraum zu erweitern. Von den veranschlagten Kosten des Erweiterungsbaues, der am 5. Juli 1954 in Anwesenheit von Vertretern des Kreises und der Gemeinde feierlich durch Stiftsrat Franke eingeweiht und von Bürgermeister Borchardt seiner Bestimmung übergeben wurde, erhielt die Gemeinde 23387 DM als Zuschuss von Regierung und Kreis. 2000 DM deckte die Gemeinde durch Aufnahme eines Darlehns. Außerdem hatte die Ortschaft Westerode einen großen Teil der Arbeiten in Eigenleistung verrichtet.
Im neuen Anbau, der von Maurermeister Wüstefeld errichtet wurde, entstand ein geräumiger Klassenraum, der nach neuesten Gesichtspunkten eingerichtet und zweiseitig belichtet wurde. Außerdem befanden sich in dem unterkellerten Gebäude ein Lehrmittelraum und Wohnräume für die Lehrerdienstwohnung.
Nach Auflösung der Volksschule im Jahre 1972 wurde das 1914 gebaute zweite Schulgebäude zum Kindergarten umgebaut. Das 1886 erbaute alte Schulhaus musste aufgrund seiner Baufälligkeit im Jahre 1991 abgerissen werden. Die entstandene Fläche wurde zum Ortsmittelpunkt umgestaltet.
Zahl der Schulkinder, Klassenräume und Lehrkräfte
der Volksschule zu Westerode:
Jahr |
Schülerzahl |
Klassenräume |
Lehrkräfte |
1770 |
30 |
1 |
1 |
1829 |
66 |
1 |
1 |
1860 |
60 |
1 |
1 |
1887 |
63 |
1 |
1 |
1897 |
105 |
1 |
1 |
1903 |
73 |
1 |
1 |
1907 |
65 |
1 |
1 |
1913 |
86 |
1 |
1 |
1918 |
110 |
1 |
2 |
1923 |
77 |
1 |
2 |
1927 |
62 |
2 |
3 |
1931 |
75 |
2 |
4 |
1939 |
91 |
2 |
2 |
1944 |
117 |
2 |
2 |
1947 |
120 |
2 |
2 |
1950 |
132 |
2 |
2 |
1954 |
91 |
3 |
3 |
1958 |
103 |
3 |
3 |
1963 |
111 |
3 |
3 |
1966 |
85 |
3 |
3 |
1969 |
68 |
2 |
2 |
1971 |
56 |
2 |
2 |
Die Lehrer in Westerode ab 1881
Zeitraum |
Name der Lehrkraft |
Dienststellung |
1881-1920 |
Johannes Wucherpfennig |
1.Lehrer |
1918-1929 |
Hermann Wüstefeld |
2.Lehrer |
1920 |
Karl Merten |
Hilfslehrer |
1920-1940 |
Friedrich Wolpers |
Hauptlehrer |
1927-1930 |
Franz Deppe |
Hilfslehrer |
1929-1933 |
Julius Engelke |
2.Lehrer |
1930 |
Rudolf Koch |
Junglehrer |
1930-1935 |
Johannes Apel |
Hilfslehrer |
1930-1933 |
Bernhard Otto |
Junglehrer |
1932-1933 |
Josef Jacobi |
Junglehrer |
1933-1934 |
Madeheim |
Hilfslehrer |
1933-1934 |
Winterberg |
Hilfslehrer |
1933-1936 |
Valentin Wieprecht |
2.Lehrer |
1933 |
Otto Mühlhaus |
Hilfslehrer |
1935-1936 |
Paul Schwichtenberg |
Junglehrer |
1936-1945 |
Theodor Schmidt |
Hauptlehrer |
1940-1942 |
Ludwig Wagner |
2.Lehrer |
1941-1942 |
Georg Kolle |
Vertretung |
1943-1967 |
Josef Oppermann |
Hauptlehrer |
1946-1947 |
Ignaz Mika |
2.Lehrer |
1947-1955 |
Valentin Lossau |
2.Lehrer |
1949 |
Hermann Wüstefeld |
Vertretung |
1952-1968 |
Josef Jakobi |
Hauptlehrer |
1955 |
Hilmar Renner |
3.Lehrer |
1956-1972 |
Hedwig Borchardt |
Schulleiterin |
1967 |
Lothar Koch |
Vertretung |
1968-1972 |
Helga Schneider |
2.Lehrerin |
1970 |
Gerlinde Schneider |
Vertretung |